Die moderne Osteopathie baut auf einer bestimmten Philosophie auf
SCHMELZ. Wie kam es zur Entstehung der Osteopathie und welche Grundannahmen über den Körper und seine Funktionsweise liegen ihr zugrunde? „Wer sich mit der Geschichte der Osteopathie beschäftigt, der begegnet einem philosophischen Gedankengebäude, das sich einer strengen naturwissenschaftlichen Beweisführung entzieht. Ihre Entstehung geht zurück auf ihren Begründer Andrew Tayler Still, der unter anderem davon ausging, dass der Körper einen Funktionszusammenhang darstellt und grundsätzlich eine Fähigkeit zur Selbstregulierung hat“, beschreibt Dr. med. Burkhard Koch, der in Schmelz eine langjährig ansässige Praxis für Osteopathie und Homöopathie leitet und sich in Osteopathie und Kinderosteopathie weitergebildet hat.
Dr. Koch (Schmelz): Die Osteopathie begreift den Körper als funktionelle Einheit
Andrew Tayler Still ging davon aus, dass alle körperlichen Funktionen von der Versorgung und der Entsorgung über das Gefäß- und Nervensystem abhängen. Treten in diesem funktionellen Zusammenhang Störungen auf, versucht der Körper, diese zu beseitigen oder zu überbrücken. Der amerikanische Arzt, der von 1828 bis 1917 lebte, kam nach intensiven anatomischen Studien zu dem Schluss, dass der Mensch die Fähigkeiten und Voraussetzungen für eine Genesung in sich selbst trägt, solange eine gute Beweglichkeit und Dynamik in allen Körperbereichen existiert. Seine Behandlung beschränkte sich auf Basis dieser Grundannahme auf das Aufspüren von Bewegungseinschränkungen im Gewebe und die Beseitigung der Einschränkung. Danach werde der Körper der Selbstheilung überlassen. Aufgabe der Osteopathie ist folglich die Aktivierung und Förderung der Selbstheilungskräfte.
Die Geschichte der Osteopathie ist in Deutschland noch vergleichsweise jung, weiß Dr. Koch (Schmelz)
Zwar finden sich Elemente dieser Grundvorstellung von Andrew Tayler Still auch im modernen naturwissenschaftlich-ärztlichen Denken: Die ganzheitliche Behandlung zum Beispiel in der Rehabilitation oder die rasche Mobilisierung von Patienten nach einem chirurgischen Eingriff können dafür als Beispiel dienen. „Dennoch hat die Osteopathie in Deutschland einen ganz anderen Stellenwert als in den USA, wo sich aus der Osteopathie eine eigenständige medizinische Grundausbildung im Sinne einer Spezialisierung etabliert hat“, beschreibt Dr. med. Burkhard Koch, der sich am Philadelphia College of Osteopathic Medicine (USA) weitergebildet hat. Die Forschung über osteopathische Verfahren und ihre Wirkungsweise in Deutschland steckt noch in den Kinderschuhen.
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